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Das Experiment von Hafele & Keating


Autor: Gerhard Kemme
Allgemeines Der Physiker Albert Einstein praegte in seiner speziellen Relativitaetstheorie den Begriff der "Zeitdilatation" (Zeitdehnung), wonach "bewegte Uhren langsamer gehen sollten". Diese Aussage wurde durch die Formel
t_bew=t_ruh*sqrt(1-v²/c²)
ausgedrueckt.
Da es keine absolute Geschwindigkeit mit dem Wert v=0m/s gibt, entsteht eine gewissen Spannung, wie eine experimentielle Bestätigung der These von der "Zeitdilatation" aussehen würde. Eine Antwort vorweg, es wurde ein bestimmtes Bezugssystem vor anderen privilegiert. Das Projekt im Oktober 1971 bestand aus zwei Teilen, einer Zeitnahme durch fünf ganggenaue Uhren, welche per Flugzeug bewegt wurden und einer Vergleichsrechnung zum Experiment. Für diese Rechnung hätten unterschiedliche Bezugssysteme gewählt werden können:
1. Auf dem Erdumfang bewegt sich der Ursprung mit der Umfangsgeschwindigkeit der Erde.
2. Auf dem Erdumfang bewegt sich der Ursprung mit der 1/2 Umfangsgeschwindigkeit der Erde.
3. Auf dem Erdumfang ruht der Ursprung des BS, hat also dort 0m/s.
4. Auf der Kreisbahn um die Sonne ruht der Ursprung des BS.
Die Leiter des Experimentes, die Physiker C. Hafele und Richard E. Keating, wählten das unter Punkt Nr.3 aufgeführte BS. In diesem wird die Bewegung des Ursprunges des BS auf dem Erdunmfang mit der Umfangsgeschwindigkeit v_E=463,239m/s in Ostrichtung angenommen, so dass die Uhren, welche in zwei Flugzeugen mit - angenommen - v=200m/s nach Osten flogen und die Uhren, die ebenfalls in zwei Flugzeugen mit gleicher Geschwindigkeit nach Westen flogen, sich mit
v_E+v=463,239m/s+200m/s=663,239m/s in Ostrichtung
und mit
v_E-v=463,239m/s-200m/s=263,239m/s in Westrichtung
bewegten. Unter Annahme dieses BS wurden nunmehr die Zeitdifferenzen zur stationären Uhr errechnet und dann mit den gestoppten Werten nach den Flügen verglichen.
Ergebnistabelle Rechnung und Messung

Gravitation Geschwindigkeit Summe Messung
Flug in Ostrichtung 144+/-14ns -184+/-18ns -40+/-23ns -59+/-10ns
Flug in Westrichtung 179+/-18ns 96+/-10ns 275+/-21ns 273+/-7

Rechnerisch wurden Sagnac-Effekt, Gravitation und Geschwindigkeit ausgewertet. Da sich die behauptete "Zeitdilatation" nur auf die Geschwindigkeit bezieht, soll nachfolgend auch nur dieser "kinematische" Aspekt der Berechnungen zum Experiment behandelt werden.
Mathematisches Instrumentarium zur Berechnung Wie gesagt, berechnet sich die Eigenzeit t_bew (bzw. tau) aus der Multiplikation der Zeit im Ruhesystem t_ruh und dem Gangfaktor sqrt(1-v²/c²), so dass die Grundformel
tau=t*sqrt(1-v²/c²)
lautet. Da sich die Ausdrücke unter den Wurzeln nur sehr wenig von 1 unterscheiden, können die Wurzeln, d.h. die Gangfaktoren, als Taylorreihen geschrieben werden:
tau~t*[1-v²/2*c²] Berechnung der "Zeitdilatation" im Bezugssystem Nr. 3 Bei der konkreten Versuchsdurchführung ergaben sich Streckenabschnitte mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, so dass für die Dauer eines konstanten Einzelwertes der Geschwindigkeit ein Zeitintervall gebildet wurde. Zum Schluss wurde dann mit Hilfe der Aufsummierung multiplikativer Terme die "Zeitabweichung" für die Gesamtstrecke errechnet. Da nicht über 200 einzelne Terme auf dieser Site sinnvoll gelistet werden können, sollen die Rechnungen mit der Zeitdauer des gesamten Fluges von 41,2h durchgeführt werden.
Berechnung der "Zeitdilatation" des Fluges in Westrichtung Die durchschnittliche Fluggeschwindigkeit wird mit v=200m/s angenommen, die Flugdauer mit t=41,2h und die Geschwindigkeit der stationären Uhr sollte der Umfangsgeschwindigkeit der Erde, v_E=463,239m/s, entsprechen. Somit ergibt sich für die stationäre Uhr eine Eigenzeit von
tau_stat=t*[1-(v_E)²/2*c²]
Für die Uhr, welche die Erde in westlicher Richtung umrundet hatte, eine Eigenzeit von
tau_west=t*[1-(v_E-v)²/2*c²]
Wobei sich die Differenz "v_E-v" dadurch ergibt, dass bezüglich des gewählten Bezugssystems die Geschwindigkeiten entgegengesetzt gerichtet sind. Ziel des Experimentes war es, einerseits die Zeitdifferenzen bezüglich der stationären Uhr zu berechnen und andrerseits nach dem Flug per Zeitablesung und Vergleich diese direkt festzustellen. Bei Übereinstimmung von Berechnung mit Hilfe der Formel für die "Zeitdilatation" und Zeitablesung nach dem Flug, ging man von einer Bestätigung der Formel für die "Zeitdilatation" aus. Um die Berechnung - bei Wahl des erwähnten BS Nr. 3 - nachvollziehen zu können, soll nunmehr die rechnerische Zeitdifferenz zwischen der stationären und der Uhr auf der Westroute berechnet werden:
delta_tau_stat/west=tau_west-tau_stat=t*[1-(v_E-v)²/2*c²]-t*[1-(v_E)²/2*c²]=
=t*{-[(v_E-v)²-v_E]/2*c²}=(-1/2*c²)*(v²-2*v*v_E)*t
Eingesetzt ergibt sich somit:
delta_tau_stat/west=[-1/2*(2,99792458*10^8)²]*(200²-2*463,239*200)*41,2*3600=1,1988939*10^-7=119,889ns Diese Berechnung mit einer konstanten Geschwindigkeit stimmt ungefähr mit der Rechnung beim H&K-Experiment 96ns überein.
Berechnung der "Zeitdilatation" des Fluges in Ostrichtung Für die Uhr, welche die Erde in Ostrichtung umrundet hatte, ergibt sich eine Eigenzeit von
tau_ost=t*[1-(v_E+v)²],
d.h. eine Zeitdifferenz zur stationären Uhr :
delta_tau_stat/ost=tau_ost-tau_stat=t*[1-(v_E+v)²/2*c²]-t*[1-(v_E)²/2*c²]=
=t*{-[(v_E+v)²-(v_E)²]/2*c²}=(-1/2*c²)*(2*v_E*v+v²)*t
Eingesetzt ergibt sich somit:
delta_tau_stat/ost=[-1/2*(2,99792*10^8)²]*(2*463,239*200+200²)*41,2*3600=-1,859*10^-7=-185,9ns Diese Berechnung mit einer konstanten Geschwindigkeit 200m/s stimmt ungefähr mit der Rechnung beim H&K-Experiment -184ns überein.
Beispiel für die rechnerische Auswertung des Experimentes Wie gesagt, bestand das H&K-Experiment aus den Zeitmessungen von zwei nach Osten bewegten und zwei nach Westen bewegten Uhren und einer stationären Uhr. Diese konkreten Zeitmessungen sollten ähnliche Zeitabweichungen von der stationären Uhr anzeigen, wie sie mit den abschnittsweise erfassten Geschwindigkeiten berechnet wurden. Die Originalrechnungen wurden so ausgeführt, dass streckenabschnittsweise die Differenzen zwischen den Eigenzeiten der stationären und der bewegten Uhr gebildet und dann aufsummiert wurden:
delta_tau_v=(-1/2*c²)*Sigma (von i=1 bis k) (v_i)²*delta_tau_i
Für die "Westroute" ergibt sich so eine Aufsummierung der Differenzen
delta_tau_stat/west=(-1/2*c²)*sigma (von i=1 bis k) [(v_i)²-2*v_E*v_i]*t_i
und für die "Ostroute":
delta_tau_stat/ost=(-1/2*c²)*sigma (von i=1 bis k) [(v_i)²+2*v_E*v_i]*t_i
Fazit des Experimentes mit den BS Nr. 3 und Nr. 4 Bei Wahl eines BS, dessen Ursprung auf dem Erdumfang ruhend ist (Nr. 3), ergibt sich unter Anwendung der Formel zur "Zeitdilatation ein rechnerisches Resultat, welches grob mit den gemessenen Zeiten der Uhren übereinstimmt. Nur handelt es sich bei der These zur "Zeitdilatation" um eine Aussage, die Allgemeingültigkeit beansprucht. Insofern bleibt es spannend, einmal nachzurechnen, ob bei Wahl eines anderen BS die Zeitmessung ebenfalls vorher berechnet werden kann. Nimmt man das BS Nr. 4 -dessen Ursprung auf der Erdkreisbahn um die Sonne ruht - vorweg, so ergibt sich dasselbe Resultat wie bei Nr. 3, da sich die Kreisbahngeschwindigkeit zum Schluss in der Rechnung aufhebt. Der Rechenansatz erfolgte über die Anwendung eines Quadrates anstelle des kreisförmigen Erdumfanges, so dass die Kreisbahngeschwindigkeit um die Sonne jeweils geometrisch oder arithmetisch addiert werden konnte.
Kritik am Experiment unter Anwendung der BS Nr. 1 und Nr. 2 Wird ein BS gewählt, dessen Ursprung auf dem Erdumfang mitrotiert, so wäre die Geschwindigkeit der stationären Uhr 0m/s. Die Uhren auf West- und Ostroute hätten v=200m/s, ohne dass die Richtung eine Rolle spielen würde. Als "Zeitdilatation" würde sich
tau_west=tau_ost=t*[1-v²/2*c²]
ergeben. Somit errechnet sich die Zeitdifferenz wie folgt:
delta_tau_stat/w/o=t*[1-0]-t*[1-v²/2*c²]=t*[v²/2*c²]=t*v²/2*c²
Da sich somit keine Zeitdifferenzen zur stationären Uhr mit entgegengesetzten Vorzeichen finden, stimmt die Rechnung bezüglich diesen BS nicht mit den Messergebnissen der Flüge - bei denen die Uhren in Westrichtung vor und in Ostrichtung nach gingen - überein. Wird BS Nr. 2 der Rechnung zugrunde gelegt - dessen Ursprung auf dem Erdumfang mit halber Umfangsgeschwindigkeit, d.h. v_E/2=463,239/2, kreist - so ergibt sich ebenfalls keine Übereinstimmung mit der abgelesenen Zeit nach den Flügen. Die Allgemeingültigkeit der "Zeitdilatation" wurde somit durch das Experiment von Hafele und Keating nicht bestätigt, vielmehr ergibt sich die Vermutung, dass es sich um ein Phänomen mit bekannter physikalischer Ursache handelt: Die Uhren wurden durch das Erdmagnetfeld beeinflusst. Aber auch dieses ist eine These.
Links zum Hafele und Keating Experiment:
Portal-RT-H&K
H&K-Experiment
H&K-Kinematik
H&K-mahag
Pro-H&K_walter-fendt
Pro-Hafele&Keating-Experiment

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